22. November 2021

Rückbau des Kohlekraftwerks gestartet: Platz für grüne Wärme und Strom

Der Rückbau des seit April 2019 stillgelegten Kohlekraftwerks auf dem Kieler Ostufer startet nun sichtbar. Nachdem das Grundstück verkauft wurde, soll in zwei Jahren das 14 Hektar große Grundstück freigeräumt und somit die über 50 Jahre alten Kraftwerksgebäude Geschichte sein. Dann nutzen die Stadtwerke Kiel 7,5 Hektar für die weitere Dekarbonisierung der Kieler Fernwärme und der Seehafen Kiel 6,5 Hektar als Erweiterungsfläche.

„Dieser Rückbau läutet das endgültige Ende für das Symbol einer veralteten Energieerzeugung in Kiel ein. Die Stilllegung des Kohlekraftwerks Anfang 2019 war der erste Schritt zur Dekarbonisierung unserer Fernwärme. Nach Abschluss der Arbeiten stehen uns in direkter Nachbarschaft zum Küstenkraftwerk weitere 7,5 Hektar zur Verfügung, um unsere Erzeugung klimaneutral aufzustellen“, teilt Dr. Jörg Teupen, Vorstand Technik und Personal der Stadtwerke Kiel AG, mit.

Für die Rückbauarbeiten wurde die Firma „Thelen Industrial Demolition (TID)“, die Teil der Thelen Gruppe ist, beauftragt. Die 1988 gegründete Thelen Gruppe bildet mit seinen 65 Tochtergesellschaften 360 Grad des Immobilienzyklus aus einer Hand ab. Die TID ist der Spezialist für den Rückbau und den Abbruch ausgedienter Kraftwerke. „Der Rückbau eines Kohlekraftwerks ist immer eine große Herausforderung und verantwortungsvolle Aufgabe. Hier in Kiel fallen rund 75.000 Tonnen Baustoffe und Abfälle an, die der Entsorgung zugeführt oder wenn möglich recycelt werden. In Spitzenzeiten werden wir mit 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort sein“, betont Wolfgang Thelen, Geschäftsführender Gesellschafter der Thelen Gruppe. Derzeit entkernt die TID zunächst die Gebäude und bereitet so den endgültigen Abriss vor. Hierzu gehört dann auch der 126 Meter hohe Schornstein.

„Aktuell wird überlegt, den massiven Schornstein mit einer gezielten Sprengung in einem Stück auf die Seite umfallen zu lassen. Sollte die Entscheidung für diese außergewöhnliche Aktion getroffen werden, wird die Öffentlichkeit rechtzeitig vorher informiert“, gewährt Teupen einen Einblick in die bisherigen Planungen. Bis die Entscheidung hierzu fällt, vergehen jedoch noch einige Monate.

Bereits seit Stilllegung Anfang 2019 ist schon einiges in den Kraftwerksgebäuden passiert. So wurden alle wassergefährdenden Stoffe, wie beispielsweise Öle oder Ammoniak entfernt und die erforderlichen Leitungen geleert und gespült. Unter anderem enthielten die alten Transformatoren sehr viel Öl. Auch Altmetalle oder Kupferschrott wurden separiert und teilweise sogar verkauft.

Das kohlebasierte Gemeinschaftskraftwerk, zu gleichen Teilen von Stadtwerke Kiel und Uniper Kraftwerke betrieben, steht seit 1970 auf dem Ostufer der Kieler Förde. Nach der Stilllegung übernahm das Küstenkraftwerk der Stadtwerke Kiel in direkter Nachbarschaft die Strom- und Fernwärmeproduktion. Seitdem sichert es die Energieversorgung für die Haushalte und Firmen in der Landeshauptstadt. Europas modernstes Heizkraftwerk reduziert die CO2-Emissionen um rund 70 Prozent gegenüber dem kohlebetriebenen Vorgänger.

„Dies ist ein großer Sprung, um die CO2-Emissionen in Kiel zu senken. Darauf ruhen wir uns jedoch nicht aus. Auf unserem Weg zur Klimaneutralität orientieren wir uns am Pfad der Bundesregierung, der die Klimaneutralität für 2045 vorsieht. Aktuell sind wir dabei, Möglichkeiten zu bewerten, um das Ziel noch schneller zu erreichen. Dabei sind wir optimistisch, hierzu zum Jahreswechsel einen Ausblick geben zu können“, so Teupen zuversichtlich.

Nach dem abgeschlossenen Rückbau in zwei Jahren stehen den Stadtwerken Kiel 75.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Der Energieversorger arbeitet schon jetzt daran, den Weg zur Klimaneutralität in Kiel mit weiteren Schritten voranzutreiben und ist hierzu in ersten Planungen für neue technische Erweiterungen auf dem neuen Gelände.

Denn die Lage an der Kieler Förde ist optimal für eine Großwärmepumpe, die eine klimaneutrale Wärmeerzeugung darstellt. Umweltwärme der Förde zu entnehmen, um daraus warmes Heizwasser für die Fernwärmerzeugung herzustellen, wäre eine gute Kombination in Verbindung mit unserem Küstenkraftwerk. Darüber hinaus finden Gespräche mit dem Motorenhersteller INNIO Jenbacher statt, um langfristig die Möglichkeiten zum Betrieb der Gasmotoren mit Wasserstoff intensiv zu prüfen.

„Der Kohleausstieg ist in Kiel bereits vollzogen. Dieser Brennstoff kommt somit nicht mehr in unserem Erzeugungsportfolio vor. Viele Energieversorger stehen noch vor dieser Herausforderung“, wagt Teupen einen Blick in die Branche.

Als Brückentechnologie nutzen die Stadtwerke Kiel das erdgasbetriebene Küstenkraftwerk für den Großteil der Strom- und Fernwärmeproduktion. Darüber hinaus erzeugen zwei Wasserkraftwerke und einige PV-Anlagen regenerativen Strom. Des Weiteren nimmt der Energieversorger zum Jahreswechsel einen Windpark mit einer Gesamtleistung von 15 Megawatt in Betrieb. Und aus der Müllverbrennung Kiel erhält das Unternehmen aus Abfällen erzeugte Fernwärme, die zur Hälfte klimaneutral ist. Zusätzlich verbessert ab 2024 die Wärme aus den zu nahezu 100 Prozent klimaneutralen Klärschlämmen die schon sehr gute Klimabilanz der Kieler Fernwärme noch weiter.

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